Öffentlich über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus aufzuklären und sich auf Veranstaltungen über geeignete Handlungsstrategien auszutauschen, stellt für die Zivilgesellschaft ein unerlässliches Instrument dar. Umso wichtiger ist es, diese Diskussionen in einem geschützten Rahmen führen zu können.
Was war das Problem?
Die sogenannte „Wortergreifungsstrategie“ gehört seit über zehn Jahren zum Aktionsrepertoire der Rechtsextremen. NPD-Parteifunktionäre, aber auch Mitglieder von Kameradschaften oder Autonome Nationalisten versuchen sich auf öffentlichen Veranstaltungen in Szene zu setzen. Sie streben an, die Meinungsführerschaft in der Diskussion durch eigene Wortbeiträge zu erlangen und den Verlauf der Veranstaltung zu beeinflussen. Nicht selten sind Veranstaltungen zum Themenfeld Rechtsextremismus betroffen, aber auch Veranstaltungen zu anderen gesellschaftspolitischen Themen werden aufgesucht. In regelmäßigen Abständen können daher öffentliche Veranstaltungen nicht oder nur unter Störungen durchgeführt werden, womit die Rechtsextremen ihr Ziel der Schwächung der demokratischen Zivilgesellschaft zumindest temporär erreichen.
Um zu ermöglichen, dass Veranstaltungen ohne die Anwesenheit Rechtsextremer stattfinden können, brauchen Organisationen wie etwa die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) geeignete Instrumente. Da viele der Veranstaltungen dort die Themen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus behandeln, stellte sich auch für die FES die Frage nach einem deutlichen und sicheren Umgang mit rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Äußerungen, bzw. Aktivitäten aus dem Publikum.
Wie konnten wir helfen?
Die MBR hat mit den Verantwortlichen gemeinsam Fortbildungen durchgeführt. Dort wurde die Wortergreifungsstrategie der Rechtsextremen genauso thematisiert wie ein mögliches Vorgehen bei öffentlichen Diskussionen. Die Anwesenden haben sich gemeinsam auf Regeln geeinigt, die seither auf Veranstaltungen der FES gelten sollen. Im Dialog wurden Strategien zum Umgang mit Wortergreifung auf die Situation der FES angepasst. Einig waren sich die Anwesenden, dass eine gute Vorbereitung die einzige Chance ist, die Wortergreifung zu verhindern.
Ebenso wurde der Einsatz der Klausel diskutiert, die bei zahlreichen Veranstaltungen in Berlin und bundesweit zum Einsatz kommt. Sowohl auf der Homepage als auch auf den Einladungen verwendet die FES seither folgenden Satz, der 2005 von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) gemeinsam mit dem Kulturbüro Sachsen und Anwält/innen entwickelt wurde:
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Ist der Ausschluss nach Paragraph 6 des Versammlungsgesetzes in allen öffentlichen Einladungen und Werbemaßnahmen angekündigt, kann die Versammlungsleitung den ausgeschlossenen Personen verweigern, an der Veranstaltung teilzunehmen und den Ausschluss nötigenfalls mit Hilfe der Polizei durchsetzen.
Was haben wir erreicht?
Eine absolute Sicherheit bietet die Anwendung der Ausschlussklausel zwar nicht. Allerdings zeigt die Erfahrung durchaus, dass die Rechtsextremen auf den Besuch von Veranstaltungen mit Ausschlusssatz in der Ankündigung eher verzichten, da ihnen der Besuch der Veranstaltung sehr wahrscheinlich verwehrt wird. Zudem machen die Veranstalter/innen deutlich, dass sie sich auf ein Erscheinen der Rechtsextremen vorbereitet haben, die damit das Überraschungsmoment nicht mehr auf ihrer Seite haben. Die Anwendung der Klausel zeigt also Erfolg und erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine störungsfreie Veranstaltung durchführen zu können. Ebenso wichtig wie die Anwendung der Klausel ist die gute Vorbereitung auf die mögliche Anwesenheit und Störungen von Rechtsextremen. Zahlreiche Hinweise und Checklisten finden sich in der Broschüre der MBR „Wir lassen uns das Wort nicht nehmen – Empfehlungen zum Umgang mit rechtsextremen Besucher/innen bei Veranstaltungen“.
Wie geht es weiter?
Der Ausschluss von Rechtsextremen ist nicht undemokratisch, sondern ermöglicht all denen, die sich durch die Präsenz von Rechtsextremen bedroht fühlen, angstfrei an einer Veranstaltung teilzunehmen und offen diskutieren zu können. Man verhindert zudem, dass sich die Rechtsextremen öffentlich inszenieren und dabei ihre antidemokratischen und menschenverachtenden Positionen verbreiten können.
Auch wenn es bei diversen Akteuren bereits zum Standard gehört, setzen bei weitem noch nicht alle Veranstalter/innen die Klausel ein. Daher bietet die MBR weiterhin Beratungen und Fortbildungen zur Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen, Diskussionen und Podien an, sowohl hinsichtlich rechtlicher als auch organisatorischer Fragen.