Neues zu Strafverfahren gegen Sebastian Schmidtke (NPD)

Der Berliner NPD-Landesvorsitzende und Treptow-Köpenicker BVV-Verordnete Sebastian Schmidtke sieht sich mit einer weiteren Anklage im Zusammenhang mit dem gewaltbereiten Neonazi-Netzwerk „Nationaler Widerstand Berlin“ (NW Berlin) konfrontiert. Andere Verfahren warten auf Berufungsentscheidungen oder wurden vorläufig eingestellt.Wie das „Neue Deutschland“ und die Internetseite „Blick nach rechts“ in der letzten Woche berichteten, könnten in den nächsten Monaten unangenehme Gerichtstermine auf Schmidtke zukommen. Während einige Ermittlungsverfahren gegen den NPD-Landesvorsitzenden vorläufig eingestellt wurden, liegt eine Anklage wegen „Volksverhetzung, Beleidigung, üble Nachrede, Störung der öffentlichen Ordnung und Aufruf zu Straftaten“ vor. Dem Gerichtspressesprecher zufolge geht es dabei um mehrere Einträge auf dem Internet-Portal des NW Berlin. Die Anklage werde derzeit beim erweiterten Schöffengericht auf Zulässigkeit geprüft, ein Termin für die Verhandlung werde gegebenenfalls im Anschluss festgelegt. Nach Informationen des „Neuen Deutschland“ geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Schmidtke im Falle einer Verurteilung „mit einer erheblichen Bestrafung“ zu rechnen habe.

Auf der mittlerweile abgeschalteten Internetseite des NW Berlin war Schmidtke in der Vergangenheit als Ansprechpartner für eine Kampagne angegeben worden. Auf Propagandamaterial des NW Berlin wurde er als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts (V.i.S.d.P.) genannt. Schmidtke selbst bestritt früher immer jede Verantwortung für die Seite, auf der linksalternative Objekte sowie mehr als 200 Namen und teilweise Fotos von engagierten Demokrat/-innen, Antifaschist/-innen, Politiker/-innen und Journalist/-innen aufgelistet waren. Für die betroffenen Personen und Einrichtungen hatte die Nennung auf der Seite Bedrohungen, Sachbeschädigungen und in mehreren Fällen Brandanschläge zur Folge.

Drei Berufungsurteile wegen Volksverhetzung und falscher eidesstattlicher Versicherung stehen zusätzlich an

Schmidtke beeidete einst sogar, nichts mit der Organisationsstruktur von NW Berlin und der zugehörigen Neonazi-Internetseite zu tun zu haben. Eine erstinstanzliche Verurteilung wegen falscher eidesstattlicher Versicherung im Mai 2014 war die Folge und führte zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe. Diese wurde bislang nicht rechtskräftig, da der Rechtsextreme Berufung einlegte. Dies gilt auch für zwei Fälle von Volksverhetzung, bei denen die Urteile des Berufungsgerichts noch ausstehen. Laut Pressestelle des Gerichts sei über entsprechende Terminansetzungen noch nicht entschieden worden. Ein erstinstanzliches Urteil über acht Monaten auf Bewährung wegen Volksverhetzung erfolgte Ende 2013, da Schmidtke einschlägige Neonazi-CDs im rechtsextremen Szeneladen „Hexogen“ zum Verkauf angeboten hatte. Mitte Mai 2014 folgte ein weiteres Urteil zu zehn Monaten auf Bewährung für volksverhetzende Texte auf einer „Schulhof-CD“ der NPD.

Rechtskräftige Urteile liegen gegen den 30-jährigen bereits wegen Beleidigung (zweimal), Betrug, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (zweimal), Verstoß gegen das Pressegesetz und Volksverhetzung vor. Diese älteren Delikte wurden mit Geldstrafen geahndet.

Auswirkungen auf Schmidtkes kommunales Mandat dennoch nicht zu erwarten

Schmidtke trat bei den Kommunalwahlen 2011 an dritter Stelle der NPD-Liste in Treptow-Köpenick an und ging daher zunächst leer aus. Nach der Europawahl im Mai 2014 rückte er jedoch für den damaligen Spitzenkandidaten der NPD Udo Voigt nach, der in das Europaparlament einzog. Schmidtke gilt als exponierter Vertreter aus dem Spektrum der Berliner „Autonomen Nationalisten“ (AN) und ist seit langem einer der führenden Kader innerhalb der aktionsorientierten, gewaltbereiten rechtsextremen Szene Berlins. Er übernahm im Februar 2012 den Vorsitz der Berliner NPD. Seit dem Sommer 2011 betrieb Schmidtke den „Hexogen“ in der Brückenstraße in Schöneweide, in dem unter dem Motto „Alles für den Aktivisten“ auch Teleskopschlagstöcke, Pfefferspray und Pyrotechnik angeboten wurden. Er musste das finanziell angeschlagene Geschäft jedoch schließen.

Auf Schmidtkes BVV-Mandat werden die anstehenden Verfahren wohl kaum Auswirkungen haben. Zwar heißt es im Paragraf 45 des Strafgesetzbuches zum „Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts“: „Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.“ Hiermit sind jedoch „Verbrechen“ und nicht die „Vergehen“ gemeint, wegen derer dem Rechtsextremen aktuell Verurteilungen drohen.

 

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